Learning by doing im Religionsunterricht

Wir konnten unseren Weg, erlebnispädagische Elemente für den Religionsunterricht vorzubereiten, in diesem Jahr erfolgreich fortsetzen.

Stationen auf diesem Weg waren ein Workshopangebot im Rahmen des Internationalen Spielmarktes, zwei Praxistage im Amt für Kirchliche Dienste und ein Outdoor-Projekt „One day without shoes – auf den Spuren biblischer Einfachheit“.
Bei allen Schritten ging es uns um die kindgerechte Verbindung zwischen den Geschichten der Bibel und dem persönlichen Erleben. Beides kann sich gegenseitig erhellen. Es macht durchaus einen Unterschied, ob wir bei einem schwierigen und anstrengenden Weg die Worte des 23. Psalms im Kopf haben oder nicht. Und nach einem barfüßigen Tag in der Natur können Kinder und Jugendliche die Aussendungsworte Jesu oder das „Sorgt euch nicht um eure Kleidung“ aus der Bergpredigt anders verstehen als zuhause vor dem Computer.

Bei der Vorbereitung und Durchführung dieser vier Veranstaltungen konnten wir zwei neue Gesichter begrüßen. Für ein Honorar hat die Spendensumme nicht gereicht, aber dank der Spenden konnten wir die Neulinge zu einem Dankeschön-Essen einladen.

Begleitet wurde unser Praxistag von der Journalistin Katharina Olschenka. Ihre eindrücklichen Erfahrungen hat sie in einem Artikel verarbeitet. Dieser ist am 26. Juli in der evangelischen Wochenzeitung  Die Kirche erschienen und hier im Anschluss zu lesen.

Vielen Dank für diese Unterstützung!

Dieter Altmannsperger

 

Barfuß durch Berlin – Einfachheit (er)leben

Erlebnispädagogischer „Barfußtag“ des Referats für evangelischen Religionsunterricht in Berlin                 

Katharina Olschenka, die Kirche, Evangelische Wochenzeitung, Ausgabe 30, 26. Juli

Wer am 11. Juli morgens am Berliner S-Bahnhof Wannsee ankam, dem fiel von Weitem nichts Un­gewöhnliches an der Gruppe auf. Doch beim genauen Hinschauen, konnte jeder erkennen, dass etwas fehlte: Niemand trug Schuhe. Hier stand eine Barfußwanderung bevor! Ziel dabei ist der Weg selbst. Allerdings wird nicht nur gewandert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden an erlebnispädagogische Methoden herangeführt, die sie später selbst in ihrem Umfeld anwenden können.

Zu Beginn bewegten sich alle zur ersten Station der Wanderung: Dem Audiogarten zum Leben und Wirken von Heinrich von Kleist. Dort, oberhalb vom Kleinen Wannsee, standen angehende ­Religionslehrer, erfahrene Päda­gogen, Mitarbeiter aus Berliner ­Kirchengemeinden, Mitglieder von Jugendgruppen und Ehrenamtliche im Gras zusammen mit Dieter ­Altmannsperger, Referatsleiter für evangelische Schulen im Land Berlin und Organisator des „Barfußtages“ und seinen Unterstützerinnen, Schulpfarrerin Bianca Diekmann und Gemeindepädagogin Laura Sievers.

Obwohl die meisten der elf Teilnehmenden schon einige Dinge, die sie üblicherweise immer dabei haben, zuhause gelassen hatten, wurde die Gruppe noch mal aufgefordert, das Mitgebrachte zu zählen. Alle kramten in Jackentaschen, Rucksäcken und Beuteln. Einige kamen auf mehr als 20 Dinge, die sie noch dabei hatten. Mehr oder weniger schweren Herzens trennten sich die Frauen und Männer von den­ ­weiteren Gegenständen.

Ohne Hausschlüssel, Portemonnaie oder Lieblingsbuch konnte die Wanderung um einige Gramm leichter losgehen. Nicht jedoch ohne eine erste Vorstellungsrunde. Worte aus der Bibel lagen im Gras verteilt. Jeder wählte eines aus und schenkte es einem ­weiteren Teilnehmenden. Dabei lernten sich alle schon etwas genauer kennen. Wie in der Erlebnispädagogik üblich, wurde schnell zum „Du“
gewechselt.

Feuer, Wasser, Sand

Es folgte der erste Wegabschnitt, der sogleich durch das für alle Füße unfreundlichste Territorium führte. Während einige den Kienäpfeln auswichen, testeten ­andere die eigene Schmerzgrenzen. Hier und da massierte der Wald­boden die Füße. Mit jedem Schritt kamen Erde und Natur näher und die zurückgelassenen Dinge rückten weiter weg. Vorbei am Königsweg und der alten Bahntrasse, legte die Gruppe ein gutes Stück Fußweg hinter sich. Auf einer Wiese ließen sich alle nieder, verspeisten gemeinsam das mitgebrachte Essen. Alle wurden satt. Spätestens dort fiel einigen zum ersten Mal auf, dass der Griff zum Handy ins Leere führte.

Der Weg ging weiter über die alte Autobahnbrücke, durch einen Nadelwald, über sandige Wege zu einer Straße. Dort fand sich die Gruppe auf der Bäkewiese am Teltowkanal, einem großen Kinder- und Jugendzeltplatz mit einer Feuerstelle und der im Jahr 2014 erbauten Weiden­kirche, ein. Pfadfinder der Evangelischen Schülerarbeit empfingen die Barfußläufer. Zusammen spielten sie in gemischten Kleingruppen. Dabei wurden die Teilnehmenden an neue Methoden herangeführt. Ob Vertrauensübungen oder Teambuilding-Methoden, es gab viel Neues auf der Wiese zu erleben. Barfuß, versteht sich!

Auf dem Feuer wurde eine Suppe gekocht und Stockbrot gebacken. Zum Schluss trafen sich alle in der Weidenkirche. Nacheinander hob die ganze Gruppe jeden der Teilnehmer auf einer Isomatte hoch. Hier war Vertrauen in die Gruppe ein letztes Mal gefordert. Den Himmel etwas näher rückend, das Ausmaß der Natur im Blick und die Unterstützung der Gruppe im Rücken. So endete der Barfußgang in der Weidenkirche am südwestlichen Zipfel von Berlin.

Ohne Schuhe in die Schule

Zwar bleibt die Umsetzung einer Barfußwanderung im Wald für die meisten Religionslehrer schwierig. Mit Kreativität und einfachen, aber bewährten Methoden im Rucksack, lässt sich jedoch ein Barfußpfad auf dem Schulhof oder im nahe­ gelegenen Park durchführen. Eins ist sicher: Ein Gang ohne Schuhe lässt einen die Welt mit allen Sinnen spüren, denn ohne Sohle oder ohne Filter rücken wir ein bisschen näher an die Erde heran.

Was bleibt sind dreckige, gut durchblutete Füße, Leichtigkeit und das gute Gefühl, in der Grup­pe auch schwierigere Pfade meistern zu können. Für Interessierte steht der Barfußtag offen. Abenteuer und Begegnung inklusive.

„Angst vor der Natur nehmen“

Dieter Altmannsperger ist Referatsleiter für evangelischen ­Religionsunterricht in Berlin. Neben den Verwaltungsaufgaben setzt das Referat seinen Schwerpunkt auf die Erlebnispädagogik im Religionsunterricht. Vor seiner Tätigkeit als Referatsleiter war Dieter Altmannsperger viele Jahre Religionslehrer an Berliner Schulen. Katharina Olschenka sprach mit ihm über seine ­Erfahrungen mit erlebnispädagogischem Arbeiten.

Herr Altmannsperger, was bedeutet für Sie Erlebnis­pädagogik?

Es geht um Gefühle, um Miteinander und gemeinsames Handeln. Erlebnispädagogik kann Schülerinnen und Schülern die Angst vor der Natur nehmen. Sie nähern sich der Natur und dem einfachen Leben und das funktioniert gut, wenn man etwas weglässt.

Was haben Sie für Erfahrungen mit erlebnispädagogischen Methoden im Religionsunterricht gesammelt?

Die Frage ist, wie kriege ich trotz Randstunden in einem Fach, das nicht versetzungsrelevant, ist die Schüler und Schülerinnen ­motiviert. Erlebnispädagogik hat sich im freiwilligen Religions­unterricht immer als günstig ­erwiesen. Sie ist lebendig und die Schüler haben meines Erachtens Dinge besser aufgenommen. Wenn man zum Beispiel ein tolles Arbeitsblatt vorbereitet hat, eine Klasse in der achten Stunde aber keinen Bock hat, kann man erstmal auf den Schulhof gehen. Wenn man dort gemeinsam spielt und das im Anschluss mit einem Text aus der Bibel verbindet, stellen die Schüler fest, dass sie sich beim Spielen zuvor ähnlich gefühlt haben wie im Text beschrieben.

Was hat es mit dem Barfußtag auf sich?

Dort lernen die Teilnehmenden, meistens hauptamtliche und angehende Religionslehrer, ­Angestellte der Gemeinden, Teamer in den Jugendgruppen der ­Gemeinden, Ehrenamtliche, aber auch interessierte Leute, Methoden der Erlebnispädagogik für den ­Religionsunterricht kennen. Sie stellen sich auch der Heraus­forderung, barfuß zu wandern. Das ist nicht immer nur schön. Auf dem Weg sind viele Kienäpfel, dafür läuft man auch mal wieder über Sand und fühlt sich wie am Meer.

Was ist das Ziel der Arbeit des ­Referats für evangelischen ­Religionsunterricht?

Wir bemühen uns, religion­s­pädagogische Handlungen unserer Landeskirche und insbesondere der Menschen, die das machen, mit Know-How aus der Erlebnispädagogik auszustatten. Wir wollen sie mit Methoden vertraut machen, die sie sicher anwenden können. Das ist eine Marktlücke. Es gibt die ­großen erlebnispädagogischen Ausbildungen, die viel Geld kosten. Wir brauchen natürlich eine solche ­Exzellenz, aber das füllt unsere ­Fläche nicht. Was macht zum Beispiel der oder diejenige in der ­Gemeinde nach der Ausbildung, wo jedoch das Geld für eine Kletter­ausrüstung fehlt? Da gibt es dann viel Frust. Wir versuchen diese ­Lücke zu füllen, um die Güte in der Breite zu finden und so in kleinen Formaten die Menschen zu be­fähigen, religionspädagogische ­Inhalte mit Erlebnispädagogik zu vermitteln.

Und wie funktioniert das genau?

Man kann zum Beispiel ­schauen, was mit Dingen, die man im Supermarkt kaufen kann, ­möglich ist. Eigentlich braucht man aber nichts. Lasst was weg, dann wird es abenteuerlich!

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